Dienstag, 7. Februar 2012

Vietnam - ein Gastbeitrag von Sarah Wieners

Möchte man die Seriosität und Bekanntheit eines Blogs steigern, so bietet es sich immer an, Wissenschaftler aus den USA um einen Gastbeitrag zu bitten. Diese prestigeträchtige Aufgabe fällt nun mir zu – Dipl. päd. Sarah Wieners.

Genau ein Tag nachdem ich zu eben genanntem ehrenwerten Titel kam und 3 Wochen bevor ich für vier Monate in die USA (Chicago) fliegen sollte, flog ich um die halbe Welt, um Sven in Hanoi, der Hauptstadt Vietnams, zu treffen. Nachdem ich nicht nur gefühlte zwei Stunden an der Gepäckausgabe stand, war es dann endlich Zeit, Sven nach fünf Monaten in die Arme zu springen!

Die Fahrt in die Stadt fand natürlich gleich standesgemäß auf dem Motorbike statt und beinhaltete gleich eine Führung durch die Landschaft und Vororte vor Hanoi, da der direkte Weg in die Stadt über eine Brücke auf einmal doch nicht mit dem Motorbike befahr war (Wie uns der nette Polizist mit Hand und Fuss vermitteln konnte. Um die Hoehe des saftige Bussgeld zu verstehen, welches er uns aufdruecken wollte, konnten wir aber einfach nicht genug vietnamesisch und auch sein englisch verstanden wir in diesem kontext nicht. Mit den Zahlen die er auf die Rueckseite seiner Zeitung aufschrieb konnten wir leider auch nichts anfangen, sodass er uns nach einer Weile resignierend von dannen ziehen liess).

Und so fuhren wir ohne Helm (was den Polizisten uebrigens ueberhaupt nicht intressiert hat) mit 50 kmh durch Matschstraßen in die Stadt herein, wo ich irgendwann anfing, meine Augen zu schließen – teils vor Müdigkeit, aber zu noch größerem Teil, um den ungewohnten, chaotischen und für mich halsbrecherisch erscheinenden Verkehr nicht zu sehen. Die Straßen waren bevölkert von unzähligen Motorbikes, die alle laut hupend und kreuz und quer fahrend ihren Weg suchten. Und zwischendrin lief ganz selbstverständlich die alte Dame mit ihrem Obstkörben und kegelförmigen Strohhut über die Straße. Es grenzte für mich an ein Wunder, dass sie die andere Straßenseite lebend erreichte.

Da das Wetter in Hanoi und im gesamten Norden eher kalt war und der Verkehr in der Stadt laut und nervig war, einigten wir uns ganz schnell darauf, dass wir nicht zum weltbekannten Unesco Kulturerbe Halong Bay mit hübschen Felsen im Wasser zu fahren, sondern einmal entlang der Küste gen Süden an den Strand und dann nach Ho-Chi-Minh-City (aka Saigon) zu fahren. Nach 2 Tagen Eingewöhnung und Sightseeing in Hanoi ging es dann als nächstes im Nachtzug nach Hue, wo es sehr schöne alte Kultur zu besichtigen gab.

Allerdings goss es in Strömen, sodass wir bereits im Hostel klitschnass ankamen und dann auch noch nichtmals das versprochene warme Wasser hatten. Unentmutigt davon und mit der festen Überzeugung meinerseits, dass ich die Kultur Hues anschauen sollte, dackelten und wackelten wir dann im Regen zur Zitadelle (auch Weltkulturerbe) um ein Foto zu machen und zu dokumentieren, dass wir da waren. Und gingen dann pitsch nass zurück ins Hostel um zu beschließen, dass dies wohl nicht der sonnige Ort mit Meer war, den wir suchten.

Also ging die Reise am nächsten Tag weiter Richtung Süden nach Hoi An, eine ganze Stadt als Weltkulturerbe, die für ihre Schneiderkünste bekannt war. Die vierstündige Fahrt nach Hoi An verbrachten wir im teuersten Schlafwagen, den man überhaupt im Zug nur bekommen konnte – alles andere, besonders die Sitzplätze – gab es natürlich nicht oder waren ausgebucht (komischerweise im zug allerdings doch bemerkenswert leer). Nachdem ich dann auch noch mein Ticket verloren hatte, dass ich bis zum Einstieg in den Zug schon 3mal vorgezeigt hatte, und der Schaffner böse und beharrlich auf vietnamesisch nach meinem Ticket fragte, kamen mir langsam die Tränen und ich fragte mich, ob sie mit Absicht Touristen so freundlich behandeln, damit sie nie wieder kommen. Bei so viel Gastfreundlichkeit freute ich mich nicht wirklich auf die noch vor mir liegende Woche und Hoi An, denn auch dort war das Wetter nicht sonderlich sonnig. Doch dafür war Hoi An die erste Stadt, welche ich als hübsch und wenig stressig empfand, denn hupende Motorbikes waren in der Altstadt verboten und die Straßen waren gesäumt mit Cafés und Schneiderein.

So schlürften wir des Abends zuerst eine Coca Cola und dann durch die Stadt. Wir bewunderten die alten Häuschen und diskutierten den sowohl wirtschaftliche als auch soziologische Aspekte des Konsums und stellten irgendwann fest, dass ich UNBEDINGT einen neuen Hosenanzug brauchte und Sven UNBEDINGT eine neue Winterjacke (im warmen Süden) und zwei neue Hosen. Nach einem erfolgreichen Shoppingabend mussten wir uns erstmal ausruhen, denn der nächste Tag sollte stressig werden – im Stundentakt liefen wir quer durch die Stadt von einem Anprobetermin zum nächsten bis um Punkt 17.30 all unsere Sachen fertig waren und wir schnell auf den nächsten Schlafbus aufsprangen, um die Reise nach Nha Trang fortzusetzen.

Laut Reiseführer versprach Nha Trang Meer und Strand und Palmen und Inselchen, was es aber nicht versprach war Sonne. Also hielt ich nur mal die Fuesschen ins Wasser und wir schlürften im Segelclub einen Cocktail und sahen den Wellen zu. Sehr meditativ – das war schließlich nötig, nachdem wir am morgen um 6 Uhr vom gegenüberliegenden Hostel mit trash-pop Weihnachtsmusik und Rudolph geweckt wurden. Um 8 Uhr morgens war das aber zum Glück vorbei. Wer will auch schon zwischen 6 und 8 Uhr morgens schlafen?!

Um ein bisschen mehr Action ins Spiel zu bringen liehen wir uns ein Motorbike aus und starteten einen Tagesausflug zu einem Wasserfall mitten im Dschungel Vietnams. Nachdem wir zuerst auf Vietnams besten Straßen fuhren führte uns der Weg irgendwann durch Feldwege und 50cm tiefe Pfützen zu einem Tisch, wo drei Männer Karten spielten und uns eine Eintrittskarte für die Wanderung berghoch über Trampelpfade zum Wasserfall verkauften. Nachdem wir einen schönen Tag im Dschungel verbracht hatten, tuckerten wir abends dann wieder zurück, sprangen kurz ins Meer und dann in den Bus nach Saigon.

Saigon erreichten wir morgens um 6, doch die Stadt war bereits auf den Beinen – Tangotanzend, Aerobic machend oder TaiChi-end im Park. Wir suchten schnell unser Hostel direkt gegenüber vom Park und fanden dazu auch noch eine Bäckerei mit europäischen Backwaren (an dieser Stelle muss man erwähnen, dass ich seit Hoi An nur noch mit Übelkeit allein schon auf den Geruch des traditionell vietnamesichen Essens reagieren konnte. Wie sich hier in Chicago herausstellte waren es Korianderblätter, die mein Körper nicht mochte und in fast allen vietnamesischen Gerichten verwendet werden). Nachdem wir uns ein paar vorgefertigte Reisen ins Mekongdelta angeschaut hatten, beschlossen wir, dass wir das genauso gut selbst machen können und liehen uns ein Motorbike aus und fuhren kurz entschlossen 70km oder mehr durch kleine Ortschaften im Mekongdelta, tranken Cola, betrachteten Tempel mit Hakenkreuze und schlürften sehr süße Getränke in den kleinen „Raststätten“ mit Hängematten am Straßenrand. Da wir zumeist in Ortschaften waren, wo wenige bis keine Touristen waren, begrüßten uns die Menschen alle sehr freundlich und waren sehr beindruckt von meinen blonden Locken, sodass ich in viele lächelnde Gesichter schauen konnte. Wir liefen viel über den Markt, machten eine Bootstour über den Mekong und seine vielen kleine Nebenärme und tranken dabei unendlich viel Kokossaft aus frischen, grünen Kokosnüssen, fuhren mit dem Motorbike durch die Gegend, genossen die lang versprochene Sonne und besuchten die Floating markets, sowie eine Bienenfarm und coconut-candy-„Fabrik“, saßen in einem McDonalds-Verschnitt und guckten Mr. Bean und waren froh, das ganze allein organisiert zu haben!

Nach drei schoenen Tagen ging es dann zurück nach Saigon. Wir namen die "Scenic-Route" ueber arg duenne Daemme zwischen den Reisfeldern und sehr rutschigen Schlammwegen die uns zwar nicht wirklich schnell in Richtung Saigon brachten, aber dafuer geradewegs zu sehr freundlichen und hilfsbereiten Locals und echtem vietnamesischen Landleben abseits von jeglichem Tourissmus fuehrten. Gegen Nachmittag mussten wir uns dann aber doch beeilen um Saigon noch vor Dunkelheit zu erreichen, wo wir noch zwei Tage zum Sightseeing und Weihnachtsgeschenke-Shopping hatten.
Die Hitze fuehrte aber dazu, dass wir im Endeffekt auch viel im Park sassen und Eistees und Eiskafees schluerften! Saigon ist eine verhaeltnissmaessig westlich geprägte Stadt, mit großen und hohen Häusern, westlichem Essen, Bars und FastFood-Ketten, und natürlich allen teuren Modehäusern und auch einem größeren Flughafen als Hanoi. Begleitet von Vorfreude auf Weihnachten und Chicago ging es dann durch die laschen Flughafenkontrollemit mit ein paar Tränen aber ohne Sven zurück nach Hanoi und von dort aus ins winterliche Frankfurt.
Jetzt bin ich jedoch schon in Chicago und arbeite beim Goethe Institut und sende aus dem verschneiten Chicago viele Grüße! - Sarah



Anmerkung der Redaktion: Bevor Sarah ankam war ich noch ein paar Tage in Sapa, eine Bergregion mit viel Reisterassen und intressanten Einheimischen. (Die sieht man auch auf den Fotos) Nach Sarahs Aabschied blieb ich noch zwei Tage in Saigon um danach mit dem Bus und Ian, den wir in Vietnam wiedergetroffen haben, nach Kambodscha aufzubrechen. Der naechste Blog folgt demnaechst um in kuerze von Kambodscha und Thailand zu berichten.